Freitag, 1. Juni 2012

Prag

Breslau, fünf Uhr früh. Aufstehen, Kaffee, Zähne putzen, rasieren, abfahren. Um sieben Uhr früh auf dem Bock. Schon sind die Straßen voll. Das Navi weist in Richung einer gesperrten Baustelle. Weiträumig umfahren. Prag, noch 288 Kilometer entfernt, rückt kaum näher. Nach fast einer Stunde Kurverei im stau-verstockten Morgenverkehr in Breslau ist Prag gerade mal drei Kilometer näher gerückt.  Reisen ist keine Erholung.

Die Fahrt durch das einsame polnisch-tschechische Grenzland entspannt vom Stress im Stau: Grünland wechselt mit Wälern. Selbst Langholztransporter müssen Trecker überholen. Das hält den Verkehr auf. Ampeln zwingen zum Halt, wenn Bauarbeiten nur noch eine Spur frei lassen. Ortsdurchfahrten erfordern Tempo 50. Ein Dorf folgt dem nächsten. Die meisten der aufgestellten Kameras, die Geschwindigkeitsübertretungen messen und fotografieren sollen, sind mit roter Farbe zugekleistert und also geblendet. Die polnische Anarchie verantwortet nach Griechenland die meisten Verkehrsunfälle in Europa.



Polen führt die Unfallstatistik - hinter Griechenland - an: Internet-Quelle

Weiterhin wären die Preise für Diesel wichtig zu wissen, selbst wenn man nur durch die drei Länder Deutschland, Polen und Tschechien fährt. Bei kurzweiliger Unterhaltung am Schreibtisch, am Rechner, im Internet und im Auto lassen sich die Bilder und Eindrücke leichter verarbeiten. Die Ruhe nach der Reise tut gut. Fröhlich zwitschern die Vögel am Moldau-Ufer.

Am 30. Mar war unser erster Hochzeitstag. Sie arbeitet, mich treibt es herum in der Weltgeschichte. Dabei ist diese kleine Reise, gerade fängt die fünfte Woche an, noch vergleichsweise klein gegen die Abenteuerer, die in Breslau auf dem Platz einfallen. Eine geführte Gruppe reist über die Ukraine nach Russland, lässt in Moskau die Autos, fährt mit der Transsibirischen Bahn an den Baikalsee. Fliegt danach wieder zurück nach Moskau, holt die Autos und fährt über Helsinki heim. Ein Tikro-Fahrer begrüßt mich überschwenglich, froh, einmal einen Kollegen zu finden, der das gleiche Gefährt bewegt.


Neben zwei Solar-Panelen fällt die doppelt und dreifach gesicherte Aufbautür auf. Um vom Gas unabhängiger zu werden, hat er den Gaskühlschrank gegen einen Kompressor-Kühlschrank, also nur noch 12-Volt betrieben, getauscht. Seine Fernsehantenne verdeckt ein wenig das Ersatzrad, welches dahinter angebracht ist. In Marokko war er auch schon mit dem Wagen in einer geführten Tour, für die man mit Leichtigkeit fünfstellige Summen hinblättert. Aus Marokko stammen denn auch die kunstvollen Bildchen auf der Kühlerhaube.


Zurück auf den Weg von Breslau nach Prag: Bald 300 Kilometer Landstraße sind für meine 64 Jahre auch nicht mehr auf der linken Backe abzureiten. Nach einigen Stunden, den letzten Einkäufen in Polen, tut mir die Mittagspause an einem schattigen Bachplätzchen gut. Salat, Brot, Kaffee und ein wenig Schokolade leiten die Mittagsruhe ein. Zwar ist Prag nicht mehr weit, doch die letzten acht, sieben, sechs Kilometer im Prager Altstadt-Verkehr an der Moldau entlang haben es in sich: Zwei Stunden hält mich das Gewühl an der Moldau auf, bis das Auto endlich an seinem Platz an der Moldau steht.



Nach der ruhigen Nacht in Prag an der Moldau lassen sich wiederum nach der nächsten Mittagspause in Ruhe die Gedanken ordnen und niederschreiben. Es sind gerade noch 366 Kilometer bis München.


Eine Stadt zu besuchen und zu besichtigen, ist ja immer wieder reizvoll, spannend und aufregend. Wenn man allerdings nach schon einigen Stunden Anfahrt sich dann noch zwei Stunden im Stop-und-Go-Gewühl über die letzten acht, sieben, sechs Kilometer zum Ziel vorkämpfen muss, dann macht selbst die Fotografie an der roten Ampel nur noch wenig Freude.



Doch wenn das Auto dann gut an einem angenehmen Platz mit Blick auf die Moldau am Yacht-Hafen steht, W-LAN mich schnell mit dem Internet vernetzt, dann ist die erste kleine Radtour in die Stadt wieder wunderbar.


In diesem Palast einmal ohne Glas und Stahl residiert laut Inschrift wohl die Verwaltung einer Versicherung. Die letzte Abendsonne lässt das Gebäude rötlich schimmern.



Pracht und Macht: Obgleich der Platz von etwa zwei mal fünf Metern in meiner rollenden Plastiktonne eher gering ist, reizt es mich nicht, in solchen Geschäftsräumen mich in gesellschaftlichen Konventionen üben zu müssen.


Mein Lust am Lästern beschimpft das Bauwerk als "Bunkerbau".


Mosaiken und Skulpturen über dem Dach verzieren dieses schmucke Bauwerk.



Die abendliche Sonne am 30. Mai beleuchtet den Stadtturm.




Das Streichquartett fiedelt eine konzertante Leistung zusammen.


Selbst kurz vor halb acht genießen noch Besucher den Blick vom Stadtturm. In der linken Ecke lugt der Mond am Himmel hervor.


Zum Tagesausklang gießt die Sonne noch mal ihr letztes Licht über den Marktplatz.



Stilgerecht donnern vor dem Hardrock-Cafe die Jungs auf ihren Harley-Davidson ein.


Globus aus Glas: Dieses Symbol erinnert daran, unsere fragile Erde nicht zu zerbrechen.



Die Abendsonne verzaubert die Stimmung an der Uferpromenade der Moldau.


Das Standbild von Smetana wacht über die müden Gäste im Kaffee an der Moldau.


Das Opernhaus: Kein größeres Theater ist vorstellbar, als sich in allen Dimensionen durch Städte und Landschaften zu bewegen.


Die Skulptur des Streitwagens erinnert an ähnliche martialische Kunst auf dem Münchener Siegestor. Heute demonstriert man Macht schlichter wie im Phantom-Kampfflieger oder dem Allrad-Renner Porsche-Panamerica.



Die Sonne hat sich hinter Wolken verzogen. Ein roter Schimmer verrät ihren Abgang.



Neuer Tag, neues Glück: Diesmal holpert mein Fahrrad neben der Eisenbahn über lose angenietete Holzplanken über die Moldau Richtung Innenstadt.



Der Hubschrauber hebt mit dem Kranken auf der Bahre ab. Der Polizist links im Bild bewacht den Abflug.


Platz vor dem Pulverturm


Frisch gestärkt vom Frühstück kann der Besuchersturm durch die Altstadt fluten.



Der Blick vom Turm zur Schloss-Burg lässt die Moldau in ihrem tiefen Bett nicht sehen.



Welche Gewalt die Menschen in diesen Gebäuden diszipliniert, drückt sich in der Architektur aus.


Die kleine Lokomotive mit den beiden Anhängern fährt Touristen durch die prächtige Altstadt.



Bei den wenigen Besuchern, die am Abend zuvor der 19.00 Uhr-Veranstaltung lauschten, überfiel auch mich auf dem Kirchenstuhl ein kurzer Schlummer. Doch der Anruf meiner lieben Frau ließ mich panikhaft aus der andächtigen Stille ins Freie hasten.



Sakrale und säkulare Macht sind zwei Beine einer Gewalt.



Blick aus dem Fenster über meinem Bett: Der Mann im Bug gibt mit der Trommel den Takt vor, nach dem die 20 Paddler im Takt das Boot schnell über die Moldau treiben. Die Dame am Ruder hat den leichtesten Job.


Meine Frau ist mit Arbeit und Einkaufen daheim im Stress. Doch eine Burg-Besichtigung - zumindest in der Kürze der Zeit - hat sie mir noch zugestanden. Also geht es am 1. Juni nach einer regnerischen Gewitternacht in einen Wolken verhangenen Morgenausflug.


Das Burgtor zur Karlsbrücke führt in die Oberstadt zu Burg und Schloss.





Der Weg über die Karlsbrücke zum Schloss beeindruckt neben den Gebäude mit einer wilden Wolkenkulisse.


Der Kuttenmann mit dem goldenen Kreuz weist den Weg zu Schloss und Kirche.



Je näher man sich dem Inneren Kreis der Macht nähert, umso unbezwingbarer werden die Sicherungen.


Da mich unbedingt mein Fahrrad begleiten musste, hing diese Last beim Gang über die Treppen schwer an mir.



Geschafft: Der Blick vom Schlossberg über die Stadt



Die Steinskulpturen zeigen, was dem unterlegenen Eindringling droht: Der Tod.



So feiert die Steinskulptur den Mord neben der Krone unter dem Kreuz: Mit einem Stich in den Rücken.



Selbst ohne Sonne wirkt die Kathedrale St. Veits mit ihrer gewaltigen Steinmetz-Kunst.



Das Innere der Kathedrale bevölkern Busladungen Touristen aus aller Welt.



Und wir alle wollen unsere reiche Bilder-Beute mit heim nehmen.



9.15 Uhr: Ohne Sonne bedrücken mich die grauen Steinmassen eher.




Bevor der Regen mich auf meinem Fahrrad erwischt, schnell, schnell heim in die wärmende Walkuh-Tonne und .....


.................natürlich zur lieben Frau nach München



Das ist meine liebe Stephanie-Mima in ihrem Sommerreich der Erdbeeren. Die 366 Kilometer von Prag bis zu ihr nach München waren auf der Autobahn leicht zu fahren. Wie haben wir uns gefreut, einander wieder in die Arme zu schließen. Wie ist das schön, wieder daheim im eigenen Bett neben meiner Mima zu schlafen!

 

Sprit Mai 012

                                km
       Euro             Liter
04. Mai  Bad Urach 62373 92,61 63,91
08. Mai   Dortmund 62989 111,11 78,85
11. Mai  Bremerhaven 63484 75,15 52,96
23. Mai   Greifswald 64115 103,45 71,89
26. Mai   Posen 64612 70,75 57,34
31. Mai   Polen-Grenze 64891 23,58 18,4
01. Jun   Pilsen 65193 35,41 48,01
02. Jun   München 65550 94,51 70,01
3177 606,57 461,37
etwa 14 Liter/100 km

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