Samstag, 29. September 2012

Blühendes Bayern, Blutiger Boden

München ist mir zur Heimat geworden. München ist wunderschön. Doch wo immer man in München weilt, weht wie aus der Vergangenheit ein grausigen Erinnern an Massenmord. Maschinengewehrfeuer peitscht über Prachtstraßen, Aufmärsche gröhlender Faschisten, Terror rassistischer und politischer Verfolgungen. Wenn sich Massenmeinung gegen den Propheten Mammon wendet, ist, bleibt und wird der Mensch gefährlich.


Der Erste Bayrische Ministerpräsident wurde nach dem Terror der Monarchen und ihren mörderischen Eliten ermordet. An den Ort des Attentats beim Bayrischen Hof, einer der besten Adressen der Stadt, erinnert eine Gedenkplatte im Gehsteig.




Kurt Eisner mühte sich als Erster Bayrischer Ministerpräsident um bessere, um erträglichere Verhältnisse im Land nach dem Terror des Ersten Weltkriegs.




Hier, im Münchener Hofgarten, vergnügte sich der Bayrische Monarch noch inmitten des Ersten Weltkriegs bei einem täglichen Spaziergang. Die Massen, die anfangs noch jubelnd vom Münchener Hauptbahnhof an die Front fuhren, waren da den Krieg längst leid. Zum sinnlosen Massensterben im Stellungskrieg wie bei Verdun kam der Hunger und die Not daheim. Etwa 700.000 Menschen sollen in Folge dieses Krieges in Deutschland verhungert sein. Der Hunger soll im Ersten Weltkrieg mehr Opfer gekostet haben als alle Bomben auf Deutschland im Zweiten Weltkrieg zusammen. Hunger und Massenmorden an der Front fegten die Monarchen 1918 fort vom Thron. Doch die Herrschenden Eliten haben sich gerettet und das Land so restauriert, wie es ihren Machtinteressen diente.



Könige, Kanzler, Präsidenten und Päpste bleiben im geschichtlichen Gedenken. An den gestürzten, letzten König der Bayern, Ludwig III., erinnert die Grabplatte im Münchener Frauendom. An den ermordeten Ersten Bayrischen Präsidenten die eiserne Gedenktafel im Gehsteig.


Heute fahren Busse Touristen durch die Prachstraßen, hier durch die Maximiliansstraße mit dem Blick auf den Bayrischen Landtag. Während der revolutionären Unruhen 1919 zum Sturz der Monarchie, den ersten zaghaften Versuchen, eine Demokratie in Bayern aufzubauen, haben sich hier Soldaten und Aufständische blutig bekämpft und beschossen.

Als Schüler hat mich Ernst Toller mit seiner Schilderung

"Eine Jugend in Deutschland"

tief berührt. Was Ernst Toller berichtet, prägte als prophetische Weisheit kommende Jahre, auch wenn pathetisches Wortgeklingel heute befremdet. Für mich haben Menschen wie Ernst Toller und Kurt Tucholsky aus tiefen mystischen Wurzeln Werke und Werte geschaffen, welche Früchte weit bis unsere Zeit tragen.



Die Server des Bayerischen Rundfunks liefern Ernst Toller "Jugend in Deutschland" als Hörspiel frei Haus.




Die Monumente monarchischer Eliten nutzten die nächsten Machthaber als große Bühne für ihre sogenannten "Blutopfer":

Feldherrnhalle

Wiki berichtet von den dortigen Bluttaten: "Am Morgen des 9. November 1923, einem Freitag, marschierte Adolf Hitler mit seinen Anhängern auf die Feldherrnhalle zu, wo es zu einer Konfrontation mit der Bayerischen Bereitschaftspolizei kam. Der Marsch im Rahmen des Hitler-Ludendorff-Putsches wurde blutig gestoppt, es fielen dabei 16 Putschisten und vier Polizisten."



Auf Schritt und Tritt erinnern Gedenktafeln, Monumente, Gebäude und Galerien in und um München daran, auf welchem Blutigen Bayern Bayern heute blüht.



Das "Bayrische Armee-Denkmal" in der Feldherrnhalle hat der Bildhauer Ferdinand van Miller 1892 entworfen. Etwa um die Zeit planten und bauten Münchener Eliten das Rathaus in München. Nationalismus und Stolz als Manifestation aufgeblasener egoistischer Eliten und verführter Gefolgschaft bereiteten den Boden für die Kriegskatastrophe von 1939 bis zum Zusammenbruch 1945. Doch die Gedanken nationaler Größe und siegenreichen Stolzes bleiben vielen Menschen nicht allein in Bayern erhalten.

 


Blick von der Feldherrnhalle auf die Ludwigstraße im September 2012: Heute hallen keine Stiefelabsätze von Massenaufmärschen mehr über das Pflaster. Heute putzt sich die Prachtstraße zur Partymeile wie am Tag der Deutschen Einheit, den 3. Oktober.

Doch noch 1968 erschien mir in meinem jugendlichen Leichtsinn die mörderische deutsche Geschichte gleichsam unsere spezielle germanische Grausamkeit. "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" hörten und dachten viele junge Menschen in den 68igern und kämpften gegen die arrivierten Autoritäten. Dass deren gefälschte Vita sich oft genug mehr als  nur Mitläufer, sondern als Mittäter im Faschismus zeigte, festigte unsere Meinung.




 Denn den Menschen hierzulande haftete noch der Geruch, die Konditionierung des 30jährigen Krieges 1914 bis 1945 an. Mittlerweile wird mir mit jeder Reise in andere Länder, andere Kulturen klar und klarer: Das Grauen massenpsychotischer Massenmorde verflucht periodisch jedes Gemeinwesen von Zeit zu Zeit.
 
 


 Der Massenmörder Stalin hat für Rußland den Krieg gegen die Faschisten gewonnen. Das "Museum of Genocide Victims" in Vilnius ließ mich dann doch einmal forschen und lesen, was der preisgekrönte Poet
Solschenizyn

uns aufgeschrieben hat über den Archipel Gulag. Wer die Bände bei Fischer nicht kaufen mag, sollte zumindest einmal sich in einige der 621 Seiten einlesen, welche das Internet den Neugierigen bietet.


Doch bleiben wir auf dem blutigen Boden, auf welchem nun Bayern blüht. Werfen wir einen Blick hinter die Feldherrnhalle in eine lauschige Gasse, die Viscardi-Gasse. Jeder Passant, der bei der Feldherrnhalle während der Nazi-Diktatur an der Ehrentafel der Aufständischen vorbei ging, musste seine Hand zum Hitlergruß heben. Wer in die Gegend kam, das lästige Lobpreisen vermeiden wollte, wählte die kleine Gasse hinter der Feldherrnhalle.


Weil nun die Mehrheit meist die Minderheit mobbt, fand das sogenannte "Gesunde Volksempfinden" für die Viscardigasse den Namen: "Drückeberger-Gasse".


Von majestätisch empfunden Monumenten, wie diesem vor dem Nationaltheater in München, bis zur Führerverehrung vergingen etwa 100 Jahre.


Im 175 Meter langen Säulenbau "Haus der Kunst" ließ Hitler sich dann nach der Grundsteinlegung 1933 in der Eröffnung 1937 feiern. Die herrschenden Eliten, welche zwei Millionen für den Bau aufbrachten, lesen sich laut Wiki wie ein "Who is Who" der Ein-Prozent:

"Die 18 Grundsteinstifter waren, laut einer hierzu nach Eröffnung angebrachten Erinnerungstafel: Hermann Schmitz (Vorstandsmitglied der I.G. Farben, Ludwigshafen-Heidelberg), August von Finck (München), Robert Bosch (Stuttgart), Friedrich Flick (Berlin), Adolf Haeuser (Frankfurt/M.), August Diehn (Berlin), Theodor Feise (Berlin), Fritz Rechberg (Hersfeld), Jacob Hasslacher (Duisburg-Ruhrort), Paul Müller (Generaldirektor der Dynamit Nobel AG, Troisdorf), Gustav Krupp von Bohlen und Halbach (Berlin), Wilhelm von Opel (Rüsselsheim), Ludwig Roselius (Bremen), August Rosterg (Kassel), Willy Sachs (Schweinfurt), Karl Friedrich von Siemens (Berlin), Ludwig Schuon (München), Philipp Reemtsma (Hamburg)."



Dem Haus der Kunst sind über die gesamte Gebäudehöhe 21 gigantische Säulen vorgestellt. Im Stil dieser Säulen erscheint die gegenüberliegende Bayrische Staatskanzlei, in der nach Strauß, Stoiber und anderen mittlerweile Seehofer residiert. Dass diese gute Adresse zuvor die Hofgartenkaserne, später das Bayerische Armeemuseum und mittlerweile die Staatskanzlei beherbergt, macht den spröden Charme der Gegend aus.


"Blühendes Bayern auf Blutigem Boden" kommt mit pathetischem Wortgeklingel längst vergangener Zeiten daher. Die Isar bringt klares Wasser aus den Bergen, zweigt einen Teil als kleinen Bach an der Staatskanzlei ab. Diese erhebt ihre Kuppel des ehemaligen Armeemuseums stil- und geschmackvoll über die neue Kanzlei. Mit Milde denkt man mittlerweile an den übermächtigen Landesvater FJS, welcher dem SPIEGEL-Verleger Augstein hinter Schloß und Riegel brachte.


Franz-Josef-Strauß ist nicht nur dieser prominente Ring vor der Bayerischen Staatskanzlei am Haus der Kunst gewidmet, deren mächtige Säulen sich mittlerweile ein wenig verschämt hinter den Bäumen verbergen, Franz-Josef-Strauß ist Namenspatron des Flughafen München. Sein Chefdenker und ehemaliger Herausgeber des Bayernkurier, eine Art National- und Soldaten-Zeitung für den Völkischen Bajuwaren, hat gerade ein richtungsweisenden Werk boarischen Nationalstolzes lanciert.



Wilfried Scharnagl war von 1977 bis 2001 Chefredakteur des Bayernkurier. Er soll geschrieben haben, was Franz-Josef Strauß gedacht hat, und gedacht haben, was Franz-Josef Strauß gesagt hat. Mit seinem neuesten Machwerk von 2012 sichert er sich seinen Platz in den Talkshows.


Wilfried Scharnagl in einem seiner Fernsehauftritte, die sich nach der Veröffentlichung seines national-chauvinistischen Bayerntitels mehren. In Anlehnung an die Frage, "würden Sie von diesem Herrn einen Gebrauchtwagen kaufen?" mag man in sein Werk "Bayern kann es auch allein" Zeit und Geld investieren. Das reicht! Bei Betrachtung meiner Boarischen Wahlheimat klingt ein Lied an wie


"Alle Menschen san mir z'wider" ...






Montag, 24. September 2012

München mit monumentalem, martialischem Massenaufmarsch

"Gut, saugut, bayrisch" bewirbt das Bayrische Staatsministerium "125 Jhre Bayerisches Zentral-Landwirtschafts-Fest". Das Oktoberfest eröffnet den ersten Sonntag mit der farbenprächtigen Gaudi eines bunten Umzugs. Das Fest pumpt mit weltweitem Tourismus soviel Geld in die Stadt, dass auch Wiesenwirte für die dritte Startbahn im Franz-Josef-Strauß-Flughafen München plädieren.



Die bayrische Lebensart plakatiert ihren Nationalstolz in der Ludwigstraße. Die Ernte ist in friedlichen Zeiten gut eingebracht. Die Menschen feiern, speisen, schmausen und süffeln.



Der Körper dieser Sau dreht sich stundenlang im batteriegetriebenen Grill unter der Glut der Holzkohle, bevor deren gegartes Fleisch zerhackt und verteilt werden kann. Die Werbebotschaft "gut, saugut, bayrisch" zielt somit auf den hungrigen Magen marschierenden Massen.


Der Aufmarsch zur Wiesen ist sieben Kilometer lang, auch wenn Blas- und Marschmusik die schweren Schritte beflügeln. "Ein Mann ohne Bauch ist ein Krüppel", schwadroniert der bayrische Volksmund. Bauern und Arbeiter haben seit Jahrhunderten Adel und Klerus bishin zur heute herrschenden Klasse prächtig alimentiert. Auf die Bauern in Bayern verlassen sich Politiker und Priester. Das Leben auf dem Land ist hart, wie ein boarischer Bauernspruch verrät:

"Weiber sterben, ka Verderben
Ross verrecken, tat den Bauern schrecken "



Seine verstorbene Frau ersetzte der Bauer leichter durch eine jüngere Bäuerin, welche noch Land als Mitgift in die Ehe brachte. Schwieriger und schmerzlicher traf es den Bauern, ein kostbares Ross zu kaufen. Ohne Ross war früher in der Landwirtschaft wenig zu machen.

Zurück ins Hier-und-Hetz: Heute lässt sich der unangefochtene Führer der großen bayrischen Volkspartei, die sich Christlich Soziale Union nennt, im vierspännigen Wagen zum Festplatz ziehen: Horst Seehofer hebt die Hand zum Gruß. Seine Leibwächter marschieren mit im gleichen Tritt und Schritt.


Für ein kleines Gartenfest mit etwa 20, 30 Leuten reicht eine kleine Sau. Tonnen von Tieren verspeisen die Massen auf dem Oktoberfest, Enten, Hühner, Säue und Ochsen. Wer, wie München Millionen investiert, setzt auf dem Oktoberfest Millarden um.


Schon am ersten Wiesenwochenende sollen die hungrigen Massen neun Ochsen und eine Million Maß Bier verschlungen haben. Aber der Aufmarsch zur Wies'n sieben Kilometer mit fast 10.000 Mitgliedern (zehntausend!) aus Schützen-, Brauchtum- und Marschmusik-Gruppen braucht Kraft. Beobachter, die keinen Tribünenplatz gekauft haben, müssen zusehen, wie sie zurecht kommen.


Wer mehr sehen will, muss schon etwas höher steigen. Man beachte, dass selbst die Laternen aus solidem Eisenguß auf der Ludwigstraße sich mit Löwenmäulern schmücken.




München ist ja nun auch nicht irgendeine Stadt, München ist im Kern eine royalistische Königstadt, gleichsam vorbestimmt wie in düsteren Zeiten zur "Hauptstadt der Bewegung". Jubelnde Massen fuhren vom Münchener Hauptbahnhof 1914 an die Front, wo die "Blutpumpe" Millionen Menschen im jahrelangen Stellungskrieg verheizten. 700.000 Menschen sind im Ersten Weltkrieg in der Deutschen Heimat verhungert, mehr als im Zweiten Weltkrieg durch die Bombardierung der Städte umkamen. Doch der König von Bayern verzichtete nicht bis zum Herbst 1917 auf seinen Spaziergang im herrlichen Hofgarten.

Bis heute regiert Bayern eine Partei mit rigiden Führungsstrukturen. Auch wenn F.J. Strauß und Konsorten es 1962 nicht geschafft haben, kritische Oppositionelle wie SPIEGEL-Augstein länger als 102 Tage im Knast zu halten, gehorsame Geister bleiben den Herrschender bei der Stange. Die nächste absolute Mehrheit droht schon wieder.


München lässt die Kirche im Dorf, gibt sich festlich und friedlich, eben als Weltstadt mit Herz. Was wäre, wenn der Boarische Löwe Hunger leidet, möchte man lieber erst garnicht wissen.


Die Standbilder von Führungspersönlichkeiten zieren das Stadtbild und weisen den Weg - hier vor der Siemens-Verwaltung gegenüber der Mercedes-Verkaufstelle.


Es braucht sechs Rösser, stämmig und wohlgenährt, um gestandene boarische Mannsbilder mit ihrer Dorfkirche zur Theresienwiese zu ziehen.



Eine Fuhre junger Damen - so scheint's mir - sind weniger gewichtig: Vier Rösser reichen für die kostbare Fracht. Die herrliche-herzliche Gaudi lässt sich ahnen, wenn herbstliche Saat nach der dunklen Winterzeit endlich im Frühjahr aufgeht.



Junge Polinnen präsentieren sich in den farbenprächtigsten Gewändern, welche auf dem Umzug zu sehen sind.


Selbst ein Skinhead, vielleicht auch ein flotter Irokese, marschiert im Landsknecht-Kostüm mit zur Wies'n. Dass seine Armbinde ein Stern und kein Kreuz zeigt, beweist freundliche Folklore.


Huldvoll grüßt die Herrschaft das jubelnde Volk.


Die Schwyzer marschiern nicht allein die sieben Kilometer zur Wies'n, sie werfen dabei noch kunstvoll ihre Flaggen und fangen sie im Flug.


Mehr als den Umzug fasziniert dies Kind sein eigener Schatten. Erstaunt mag es denken, wie groß es geworden ist in der Kürze der Zeit.


Wie versonnen und entspannt der junge Mann dem bunten Treiben zusieht. Zum einen sitzt man vor Gittern glücklicher als dahinter, zum andern hat der beherzte Kletterer einen Platz in der ersten Etage erreicht. Von dort aus sieht er mehr.




Doch auch mein Ausblick von der Höhe eines Hydranten lässt mich manch hübschen Ein- und Ausblick erhaschen. Männliche Eingeborene in Bayern preisen solche Brüste volkstümlich und verständlich mit den Wörtchen "Holz vor der Hütt'n". Also wärmt man sich in Monaten kalter Winter und oft auch verregneter Sommertage im Gedenken an "Holz vor der Hütt'n".




Auf diesem Pferdewagen arbeitet ein Holzschnitzer aus dem Riesengebirge an einem wenig typischen Tier in unseren Gefilden, vermutlich einem Dromedar für den Export nach Dubai.
 
 
 


Die Pracht und Herrlichkeit dieser vier Herren hoch auf dem Wagen übertrumpfen nicht einmal die Rösser.



Wer sich die Bilder zuvor zurückruft, dem fällt folgendes auf: Sechs Rösser ziehen die Kutsche Hoher Herren, eine Fuhre junger Damen begnügte sich mit vier Pferden. Doch die Kohlköpfe befördern gerade mal zwei stramme Gäule.
 
 

Geradezu gemütlich mutet Kriegsgerät vergangener Jahrhunderte an, als man sich gegenseitig noch nicht mit industriellen Mordmaschinen metzelte. Aber Kanonen, Knarren und Kreuze dürfen nicht fehlen, wenn sich tausende Menschen bei Blas- und Marschmusik in gleichem Schritt und Tritt über den Asphalt schieben.


Standarten symbolisieren die Zugehörigkeit zur Gruppe. Ohne Fahne endet das Lied allerdings furchtbar traurig.

 
"Unsere Fahne haben wir getragen und mein Johnny trug sie uns voran. Eine Bombe fiel und sie nahm zum Ziel. Ganz fünfundzwanzig Mann..."
 
 
 

Doch beim monumentalen, martialischen Massenmarsch zur Münchner Wies'n laufen die Menschen fröhlich und festlich wie an bunten Leinen. Die Erfahrungen aus dem vergangenen Jahrhundert mit gleichsam einem dreißigjährigen Krieg von 1914 bis 1945 haben sich tief eingebrannt in Herzen und Hirne. Solange das Bier in Strömen fließt, genug Fleisch die Bäuche füllt, bleiben die Massen friedlich.


Die Flamme am "Platz der Opfer des Nationalsozialismus" brennt ständig. Das grausame geschichtliche Erbe der Stadt begleitet den Touristen in München auf Schritt und Tritt. Die Touristen schwärmen in Scharen ins Hofbräu-Haus, der unter dem Namen "Hitler's Pub" das Grauen lebendig hält.


Wer heute in diesem gemütliche Bierstübchen sein Schweinsbein verzehrt und mit bestem Bier nachspült, fragt sich erstaunt: "Und wo ist Hitler's Pub"?


Doch Pauken und Trompeten sollen alle düsteren Gedanken vertreiben. Ein wenig Sonne und Boarisches Bier verschafft selbst Preissn in München ihren Platz wie Bayern im Bier-Himmel. Sprüche wie

"Heit auf Nacht,
werden Preissn g'schlacht"


gehören zur boarischen Folklore, sind nicht persönlich g'meint, auch nicht sonderlich ernst zu ´nehmen. Allerdings empfielt es sich, in Bierzelten mit Lederhosen und Dirndl einzulaufen. So ehrt man das Brauchtum der Eingeborenen. Schließlich verbieten die Ordner in Orthodoxen Kirchen auch den Zugang in Shorts.




Nach nur wenigen Stunden ist das bunte Treiber vorbei. Abschließend beseitigen Kehrmaschinen die Hinterlassenschaften der Pferde. Die Polizisten verräumen die Absperrseile. Die Krankenwagen ziehen wieder ab. Bald werden Ordnungshüter und Sanitäter Bierleichen einsammeln und ausnüchtern, Streitigkeiten schlichten und Taschendiebe verhaften.


Durch diese einladend freundliche Pforte im Justizpalast werden bemühte Beamte ein- und ausgehen, um Recht zu sprechen. Dass die furchtbare Justiz im Dritten Reich 30.000 Menschen zum Tod verurteilte, davon auch 20.000 Urteile vollstreckte, das ist Geschichte.



Ein Blau-Weißer Bilderbuch-Himmel schmückt sich über dem Justiz-Palast. Touristen tummeln sich am Karlsplatz. Die Menschen in Festtagslaune feiern den sonnigen Herbstanfang. Tausende und mehr strömen in die Bierzelt auf der Wies'n. Doch das ist eine andere Geschichte.

 
Dass derzeit mehr Menschen in Festzelten als in Kirchenhallen sich tummeln, zeugt auch von Frieden und Wohlstand. Zwar sollen statisch in Deutschland die fettesten Europäer leben. Aber eine Kost wie boarische mit Bier und Schweinsbein ist nunmal reichen an Kalorien als mediterrane Pasta mit Oliven und Rotwein.
 

Das Rathaus in München, Baujahr 1902, zeigt, wie modern die Bauherren damals dachten. Die Pracht an Türmen und Verzierungen, die Spieluhr im Turm muss jeder gesehen haben, der München besucht.
 
 
Wer dann übt immer Treu und Redlichkeit, seine Kirchensteuer stets zahlt, der darf auf ein christliches Begräbnis hoffen. Einen Denkstein wie diesen am Alten Peter im Zentrum von München werden sich wohl nur noch die herrschenden Eliten leisten können. Solange Bier und Benzin bezahlbar bleiben, herrscht Friede im Land.