Samstag, 2. Februar 2013

Durchs Höllentor zur Himmelspforte

Es ist mal wieder soweit. Ein neuer, ein nächster Krieg hat gerade begonnen. Frankreich schickt Kampftruppen und -flugzeuge nach Mali. Die Soldaten in Algerien haben soeben die islamistischen Terroristen getötet. Diese hatten zuvor ihre Geiseln ermordet.


Die Meldung erschreckt die Menschen. Was für die meisten Menschen schrecklich, ist gut für die Auflage. Fünf Tage später melden die Agenturen aus Algerien: "Gasfeld befreit, 55 Menschen tot." Hundertausende fliehen. Die "Emotionelle Pest" hat schon Millionen infiziert. Die Krankheit bricht als massenpsychotischen Massenmassaker aus.


Der Begriff "Emotionelle Pest" geht auf Wilhelm Reich zurück. Der Link klärt in eindrucksvoller Klarheit den Begriff. Als Therapeutikum führt der Weg aus dem tiefen Tal der Leiden, wie es der Titel verkündet: "Durchs Höllentor zur Himmelspforte.". Klick zur "Emotionellen Pest": http://w-reich.de/crist.html

Meine bemühten Blog-Beiträge gründen auf Jahrzehnten Erfahrung. Auf Jahrzehnten Studien gründen Professoren ihre Theorien, die die digitalen Medien wie YouTube als bemerkenswerte Vorlesungen frei verteilen. Sie sind nicht dumm diese Gelehrten, sofern sie Mitmenschlichkeit und Mitgefühl nicht ihrer Qualifizierung geopfert haben. Mir geht es oft so, dass mich - trotz aller Sehnsucht nach mitmenschlichen Begegnungen - häufig die wissenschaftliche-politische Diskussion hochkarätiger Experten mehr reizt als das digitale Dschungel-Camp öffentlicher oder digitaler Begegnungen.


 Reisen verbindet beides: Treffen mit Menschen in der "realen" wie mit Menschen in der "digitalen" Welt. Sich durch "digitale Welten" zu lesen, zu klicken, ist ein vergleichsweise erholsames Vergnügen. Die "reale Welt" bringt Kälte und Anstrengungen mit sich. Eine falsche Reaktion in der realen Welt kann verderblich sein. Die "digitale Welt" vergisst zwar nicht, verzeiht aber das Meiste.


Die erste Nacht von 15 weiteren im kalten, deutschen Januar: Bad Brückenau bietet den Stromanschluß für WoMos und das Saunabad in der Sinnflut. Rundkurs Deutschland: Die erste kalte Januar-Nacht hinter München bietet Strom und Sauna in Bad Brückenau. "See-" und "Wal-Kuh" stehen vereint hintereinander. Es liegen noch zwei Wochen mit vielen kalten Nächten und meist regennassen Tagen vor uns.



Wenn es nur warm ist im Auto, dann lässt sich Kälte draußen aushalten.

Wer sich länger von den Medien, den Nachrichten fern hält, wer sich auf die Arbeit, die Kälte, die Straße konzentrieren muss, dem sind Krieg, Kollaps, Katastrophen gleichgültig. Es geht nur noch darum, sich selber irgendwie warm, trocken, satt, sauber und gesund weiter zu bringen.




Die bedenklich bedrohlichen Nachrichten von der Krisenlage in der Sahel-Zone reißen nicht ab. Lächerliche Leserbriefchen wie bei SPON, Geschwätzigkeit wie bei Twitter oder die  infantile Nabelschau bei Facebook ändern nichts an der Lage.  Krieg, Krise, Kollaps sind gleichsam wie das Wetter gleichmütig zu ertragen.



Moralische Aufrufe sind zwecklos. Kanzelpredigten langweilen. Wer Massen mobil machen will, muss hetzen und Feinde finden.



 
 
Gunnar Heinsohn - Die Jugendblase (Söhne und Weltmacht)
Ausschnitt aus dem ZDF Nachtstudio vom 09.01.2011

Es ist nicht mehr als Zeitvertreib, sich mit politisch gesellschaftlichen und sozialen Zwängen zu beschäftigen. Wen es beschäftigt - wie mich - befreit sich per Blog-Beitrag vom Frust. Das entspannt - mehr auch nicht. Politisches Kabarett wie "Neues aus der Anstalt" hat eine ähnliche Funktion. Je heißer Konflikte kochen, umso feuriger der Widerstand.

Die Mächtigen manipulieren Menschen in existenzieller Not zum Auswandern, Krieg oder Bruderkrieg. Berlusconi lobt Mussolini. Wenn die Not wie in vielen Ländern unerträglich wird, dann marschieren die manipulierten Massen. Prof. Harald Welzer referiert darüber in seinem Buch "Klimakriege":

http://www.sueddeutsche.de/wissen/klimakriege-gewalt-als-loesung-1.203242


Wo Gewalt als letzte Lösung im Überlebenskampf bleibt, da wird die "Tötung eines Konkurrenten als Entlastung begriffen".
Die sich im Gefolge solcher Entwicklungen ausbreitende Gewalt, so Welzers zweite These, wird von denen, die sie anwenden, als Problemlösung begriffen: Wenn die zum Überleben erforderlichen Ressourcen knapp werden, wird die Tötung konkurrierender Verbraucher die Überlebenschancen der Verbliebenen erhöhen. 
Das Grauen erklärt Prof. Welzer vortrefflich. Herfried Münkel rezensiert gekonnt in der SZ dessen Buch.


Schlusswort von Prof. Harald Welzer zum Thema: "Klima, Hunger und die Bombe - Droht ein dritter Weltkrieg? 7/7"

In unserem "super-reichen GerMoney" töten sich die Menschen noch nicht im Kampf um knappe Ressourcen. Die meisten Menschen rennen nur im Hamsterrad schneller und schneller, um zumindest ihren gewohnten Lebensstandard zu erhalten. Seit Jahren verteilt eine unverantwortliche Politik die Einkommen von unten nach oben. Der Fisch stinkt vom Kopf. Multimillionäre und Milliardäre bereichern sich aus Kapitaleinkünften nahezu hemmungslos und unbeschränkt. Am unteren Rand der Gesellschaft ein vergleichbares Raffen, Stehlen, Hauen und Stechen: Das Prekariat schlägt sich um die Krümel vom Kuchen geizig, gierig und gewalttätig. Als Folge bilden sich im Land Parallelgesellschaften, die laut Buschkowski zu "no-go"-Gegenden inmitten unserer Großstädte werden.


Bezirksbürgermeister Buschkowski stellt bei PHOENIX am 22.10.2012 sein Buch "Neukölln ist überall" vor. Arbeitsthese: "Multikulti ist gescheitert." Zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund haben sich schon das "bedingungslose Grundeinkommen" geschaffen. In Parallelgesellschaften mit umfangreicher Schattenwirtschaft lassen sich auch mit Hartz IV Luxusgüter finanzieren. Dass die Existenz irgendetwas irgendjemandem "bedingungslos" gewährt, manifestiert den Irrsinn einer politischen Wohlgefühlgesellschaft, die nichts über den Rand ihrer goldenen Teller fühlt, wahrnimmt und versteht.

Was hierzulande im Ghetto parasitärer Parallelgesellschaften schon schief läuft, spiegelt sich auf globaler Ebene:

Pakistanischer Atomphysiker: "Muslimische Gesellschaften sind kollektiv gescheitert"

Wie Menschen mittlerweile global vernetzt und verwoben sind, scheitert das Eine nicht ohne das Andere. Als abschreckendes Beispiel steht mir das vergleichsweise beschwingt-bürgerliche, beschauliche Städtchen Aachen vor Augen. Aachen war mir während meiner Studien- und Kleinkünstlerjahre von 1966 bis zur Geburt meines Kindes 1978 sehr vertraut.

Mein Besuch jetzt im trüben Winter-Januar 2013 erschreckt mich. Die Stadt zerfällt, zerfasert, franst an ihren Rändern gleichsam aus. Statt Schmuck-Lädchen schießen Tattoo-Shops aus dem Boden. Einst war die Stadt mit kleinen Kneipen gepflastert. Viel Jungvolk der Technischen Hochschule bevölkerte die Szene. Mittlerweile entstehen Imbiss-Stuben von unermüdlich arbeitenden Familienbetrieben in türkischer, griechischer, vietnamesischer, thailändischer oder taiwanesischer Hand. Billig-Läden bieten die Massenproduktion an Plastik feil, welche ohne Rücksicht auf die Arbeiter in Dritt-Welt-Ländern  unter Missachtung hiesiger Klima- und Hygienevorschriften produziert werden. Längst schlägt die "Geiz-ist-Geil-Mentalität" auf uns Geizige zurück.

Der Export deutscher Luxusgüter, langlebiger Konsumgüter wie von Audi, Mercedes oder BMW bedienen in China vorrangig die Volksverdummer und -aussauger, die Polit-Bonzen, die auch hierzulande im Neoliberalen Zwangssystem Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Die Schlagwörter, die landauf und -ab heruntergebetet werden, beschreiben die Verhältnisse, ändern sie aber nicht. Der Bastel-Baukasten von Marx, Freud und Reich erklärt Mechanismen, doch es bleibt wie es ist. Bestenfalls wird es nicht schlimmer, eine euphemistische Hoffnung. Es wird schlimmer. Es wird unerträglich.

Die Verhältnisse bedrücken mich wie andere auch. Täter sind Neoliberale Umverteiler. Opfer sind alleinerziehende Mütter, Alte und Kranke. Täter sind die Finanzmanipulateure ebenso wie prekäre Abzocker von Staatsknete, die sich in der Schattenwirtschaft bequem eingerichtet haben. In der Zange zwischen diesen Tätern opfert sich der redlich mühende Mittelstand auf.



Eine Wachswerkstatt wie in Marokko: Tageslicht kommt durch eine kleine Luke in der Wand, frische Luft durch die Tür.



Aus diesen geformten und gefärbten Wachsplatten knetet Mimamai wundervolle Blütenkerzen, einen bunten leuchtenden Gruß in die finstere Jahreszeit.

Wie unwirtlich dies verkommende Aachen mir vorkommt. Jahrelang führte mich mein Weg in die Oberstadt über den Kaiserplatz durch eine belebte Geschäftsstrasse. Wo mir einst ein kleiner Delikatess-Laden köstliche Sahneheringe verkaufte, befindet sich jetzt eine ausgedehnte Baugrube. Ein Geschäftsviertel ist der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Nur ein Kaiserdenkmal, Friedrich der Dritte, trohnt noch über dem Kaiserplatz.


Ein grauer Bronzeklotz zeichnet schemenhaft diese Statur in den grauen, verregneten Wintertag. Es freut mich nichts, garnichts. Mich bedrängen die Ramschläden, mit deren Protz junge Menschen ihre Potenz einander beweisen: Bombastic.


Durch diese Straße ging Jahr für Jahr mein Weg. Muntere Läden säumten meinen Weg. Wir rannten als Studenten 1968 durch die Gasse mit dem Schlachtruf: "HO! HO! HOTCHI MINH!" Es war unser kleiner studentischer Beitrag gegen den Vietnam Krieg. Gegen den Irak Krieg gab es kaum mehr diese furiosen Proteste. Jedenfalls nicht mehr von mir. Der Zusammenbruch der Systeme Kapitalismus vs. Kommunismus hat die Demokratien weiter geschwächt.  Der chinesische autokratische Staatskapitalismus bietet zudem ein Gegenmodell für viele Länder.



Ein Wahrzeichen in Aachen stellt diese Skulptur dar: Klenkes. Mit dem ausgereckten kleinen Finger geben sich Aachener in der Fremde zu erkennen. Doch gegen den ausgestreckten Mittelfinger von Firmen wie McDoof kann diese Folklore nicht anstinken.


Der "Geldbrunnen" hinter dem Elisenbrunnen, wo immer noch Heilwasser frei für alle plätschert, beweist den Aachener Geldsäcken, dass sie doch so weltgewandt über sich selbst lachen können. Die korrupte Bande schiebt sich die Taschen voll, um ihre Fettwänste zu mästen, all das ist kunstgewandt dar- und ausgestellt - also weit, weit abstrahiert von den Fakten. Und ach, so lustig.


Das einladende Gebäude in der Mitte ist der Domkeller. Jahrelang war das meine Anlaufstelle, um Menschen zu beobachten - fremd mir selbst wie andern. Mein Gefühl ist unverändert, selbst 30 Jahre später. Mittlerweile sollen drei Generationen im Domkeller verkehren. Die gleichen Gesichter am grauen Januar-Samstag erschienen wie vor 30 Jahren, mit mir ergraut. Doch immer noch verzerrt ihr Gesicht dies falsch flache Grinsen, welches mir wie die Maske eines Verkäufers erschien. Menschen, die sich täglich tätlich einander verkaufen müssen. Mein mieser Eindruck hat sich nicht geändert.



Hinter den bunten Läden links unter dem Rathausturm hat es mich zu zwei Ehe-Schließungen gedrängt, am 11. 11. 1971 und am 21. 3. 1978. Die zweite Ehe war mit einer Tochter gesegnet, die nach nur 30 Jahren am 23. Januar 2009 "ihren Körper verließ", wie Esoteriker das Sterben umschreiben.


Die "Gute Stube" in Aachen vor dem Rathaus hält die Illusion einer "Heilen Welt" aufrecht. Fünfzehn Minuten Fußweg in Richtung Unterstadt ist nichts mehr heil. Vermüllte Wege, prekäre Arbeitsverhältnisse, missmutige Menschen. Ein junger Mann brüllt am Bushof: "Scheiss Land! Nicht mal Telefonzellen gibt's hier!" Ein Passant hört das Geschrei, wendet sich ihm zu, zeigt ihm die Telefonzelle, an der er gerade schimpfend vorbei geht. Die grauen Zellen am grauen Januartag sind schlecht zu erkennen.



Die Menschen dürfen das Rathaus besuchen. Doch den Blick in den eindrucksvollen Sitzungssaal, wo jeder Ratsherr mit eigenem Mikrofon seine Wortmächtigkeit bekundet, langweilt mich. Im Pissoir des Domkellers bewirbt obiges Plakat die nächste Festlichkeit. Vor 40 Jahren waren mir diese dicht gedrängten  "Kraft-durch-Freude"-Veranstaltungen ein Muss. Mittlerweile ist mir der Druck auf geschlechtliche Entladung und sich dafür diesem schwitzenden Gedränge auszusetzen vergangen.


Die Mutter zeigt ihrer Tochter, dass die Zähne des Drachen die Domspitze zu fassen scheinen. Dazu muss man sich unter das Maul des Monsters hocken.


Bei dem schlechten Licht gibt das Bild wenig her. Doch mit etwas Fantasie erkennt man das Kreuz der Domspitze zwischen den Hauern des Drachen. Damit warnt wohl der pädagoisch paternalistische Polit-Priester die zarte Jugend vor dem Hunger des gefräßigen Ungeheuers auf das Hoch-Heilige Kreuz auf der Spitze der Domkirche. Amen. 


Endlich hat meine Frau ihre Arbeit in Aachen beendet. Vier Nächte ohne Strom haben die Akkus der Walkuh an die Grenze ihrer Belastbarkeit gebracht. Die sonntägliche Regenfahrt von Aachen nach Dortmund lässt mein Adrenalin bei einer unangenehmen Begegnung hoch schnellen. Im Baustellenbereich ist die Überholspur auf zwei Meter Breite begrenzt. Der schwarze Rover vor mir, der mit seinen Spiegeln vermutlich breiter als zwei Meter ist, rammt bei 60 km/h mein Fahrzeug. In all den Ruhrgebiets-Autobahnen gibt es keinen Rastplatz, keine Stelle, um anzuhalten. Über Duisburg, Essen, Bochum geht die Verfolgungsjagd hinter dem schwarzen Range Rover. Endlich, kurz vor dem Ziel in Dortmund Dorstfeld, folgt der Fahrer der schwarzen Luxuslimousine meinem Blinken und der Lichthupe. Er fährt raus, hält an. Wir begutachten die Schäden: Nur sein Spiegel ist rausgebrochen.  Mein Außenspiegel hat den Schlag unbeschadet überstanden. Der rechte Außenspiegel des Unfallgegners hängt blind nach dem Schlag gegen meinen Spiegel herunter.


Wir haben den WoMo-Stellplatz in Dortmund endlich erreicht und erholen uns gleich nach unserem bescheidenen Abendmal in der Sauna. Vor fünf Tagen hatten wir den Platz verlassen. Zahlreiche Rodler bevölkerten den Hügel im Hintergrund. Mittlerweile ist die Temperatur von minus sechs auf plus drei Grad gestiegen. Sauna- und Badbesuche in Bad Brückenau, der Carolus-Therme in Aachen, in Dortmund und Bad Staffelstein haben geholfen, halbwegs entspannt zu bleiben. Dazu gehören auch abends einige Schluck Rotwein oder ein Bier.



Auch in Bad Brückenau mussten alt eingesessene Geschäfte aufgeben. Dafür mietet sich das Elend-Kaufhaus "MacGeiz" sich in der zentralen Geschäftsstrasse ein. Es wirbt mit dem Motto: "wie geiz ist das denn".


In Bad Brückenau hält sich in zentraler Stadtlage noch der Betrieb "Bestattungen DILL Holzwerkstätte". Statt Kinderwiegen bahren Angehörige die versterbenden Greise in Särgen auf. Menschen in Altersarmut werden ihren Liebsten keinen Sarg nach dem Sterben kaufen, wenn sie selbst kaum genug zum Leben haben.

Die weite Winterreise heimwärts führt über Osnabrück zum heimisch gewordenen Bad Brückenau.


Meine bald 90jährige Tante referiert darüber, dass es für Frauen besser ist, selber Auto fahren zu können - bei YouTube:




Da die Sauna am Dienstag nur Damen in Bad Brückenau einlässt, bummeln wir durch die triste Altstadt. Auch hier wieder ein Bild wie in Aachen, wie in Dortmund. Geschäfte müssen aufgeben. Geiz-ist-Geil-Läden bedienen die prekäre Kundschaft. Mima kauft preiswert Wolle, um die Köpfe ihrer Steckenpferde damit auszustopfen.

Bamberg und Baunach beherben uns die letzten beiden Nächte unserer trüben Winterreise. Ein Abstecher in die Therme Bad Staffelstein erfrischt uns, bevor wir nach Lichtenfels fahren. Dort arbeitet im Sozialkaufhaus Mimas Bruder.


Das Sozialkaufhaus am Bahnhof von Lichtenfels versorgt die prekäre Bevölkerung mit Hausrat, Kleidung, Spielzeug und Bücher. Ein Kilo Bücher kostet 1,50 Euro.



Das Sozialkaufhaus Lichtenfels verkauft Bücher zum Kilopreis von 1,50 Euro.


Das Sozialkaufhaus Lichtenfels bietet Kleidung, Spielzeug, Bücher, Hausrat, Sportgeräte und sonstigen Hausrat.

Die Rückfahrt von Baunach über Bad Staffelstein und Lichtenfels zurück nach München war zuviel für meinen Körper. Leider reicht meine Kraft nicht mehr, die humoristische Kultsendung Fastnacht aus Veitshöchsheim zu sehen.


Veitshöchsheim 2013: "Die Parodis - Über diesen Steinbrück muss ich geh´n"


Als humoristischer Lichtblick animiert eine Freundin aus dem Norden einen Münchener Freund dazu, mich auf Ostern als "Happy Hasi" zu empfinden und darzustellen.


 Die Verbindung mit Bhagwan-Bekehrten reißt nicht ab, scheint die Stabilste. Immerhin hat mich Bhagwan, der GröGaZ - Größter Guru aller Zeiten - am 2.2.1981 zu seinen Schülern bekehrt. Allerdings war die Schule schnell aus für mich, schon am 23. Oktober 1983 in Rajneeshpuram, Oregon, USA. Danke Bhagwan! Immerhin scheint sich mittlerweile eines zu klären: Mein Sektenname "Beautiful place of Bliss" erscheint mir dann am ehesten, wenn meine Augen sich in stiller Versenkung verschließen. Was dann zu sehen ist, das reicht mir auf meinem Weg "durchs Höllentor zur Himmelspforte".

Was im "Atomkonflikt: Iran bietet US-Regierung Verhandlungen an" kommt, erscheint mir ebenso düster wie unsere Wintermonate.


Sonntäglicher Zeitvertreib: Leserbriefchen im SPON-Forum....



Die Münchener Sicherheitskonferenz bringt bei SPON weitere Sonntags-Schlagzeilen. So diese:

Konfrontation Iran-USA: 2013 wird das Jahr der Entscheidung im Atomkonflikt





Eines aber ist gewiss: Das Holz hierzulande reicht nicht aus, um die Menschen in unserem kalten, langen Winter warm zu halten.



Atomkonflikt: Iran lehnt Verhandlungen mit USA nun doch ab

 
 

 
 

Dienstag, 1. Januar 2013

Happy New Year, Hallelujah - Helau!

Der volle Mond steht über Bamberg. Zwischen Himmel und Erde schieben sich feine Wolken, durch die breit der Mond grinst. Es war einen ganzen Tag trocken, sogar sonnig. Dennoch bleibt diese Wunde bis tief in die Nacht: Unser Freund Uwe starb wie meine Tochter Esther an Krebs. Er mit 51, sie mit 30 Jahren.


Ein Gedächtnisgang durch Bamberg führt mich zu Uwes Stammkneipe: Pelikan. Bei einem kleinen Salat ist es deutlich zu fühlen: Die Verstorbenen wollen nicht unsere Trauer, sie wollen unser Leben, unsere Gesundheit und Glück - ganz.

Zumindest hat mir meine Tochter einen trostreichen Schwiegersohn hinterlassen! Der Mann meint nämlich:

"Therapie gefällig? Biete HausstauballergikerInnen Desensibilisierungstraining an, Keller und Dachboden haben hier einiges zu bieten, ähnliches für SpinnenphobikerInnen und/oder TierschützerInnen: die kleine schwarze im Bad mit ihrer Familie möchte nach draußen ... , bevor der Staubsauger kommt !

Damit die Außerirdischen besser mit dem bewußt Unterbewußten kommunizieren können, sollten die Fenster auch blitzen und mal wieder lichtdurchlässig werden. Im Garten danach bitte ein Stonehenge-Modell aus Flußsteinen errichten, die ihr bitte auf Schlitten hierher mitbringt - das lädt euch sicher super wieder auf und gibt garantiert gute Schwingungen ( und das ohne Aufschlag!)

Hinweis: Kehren und Putzen ist eine sehr karmafördernde Art der Mediation .... zur Belohnung gibt es neben den wertvollen Energien dann wohlfeile Sprüche und Lakritztee , ach ja, die Tassen sollten dann auch noch gereinigt werden...  

Falls BodenlegerInnen da sein sollten: Für mondgeschlagenes Eichenholz von Lebensorten Heiliger (St. Sebald,St. Lorenz) ist auch noch Platz. Für den Rest: Wir sehen uns 2013 beim Familienstellen ;-) Guten Rutsch."


Nun knallen die Feuerwerkkörper über Bamberg. Eine Nacht gab uns der lauschige Platz in Baunach ein nächtliches Ruhe-Refugium. Kloster Banz bei Staffelstein haben wir uns angesehen. Der Main schwappt über die Ufer. Der Regen will nicht aufhören. Kalter Wind. Nasse Sachen trocknen im Wagen. Nässe schlägt sich an den Frontscheiben nieder. Bevor wir fahren, wischen wir Kaffeetassen voller Wasser von den Frontscheiben.


Der letzte Tag im Dezember, der letzte Tag im Jahr lässt gar einen Hauch Abendrot über "Kloster Banz" erkennen. Unser Ausflug nach Staffelstein lässt uns weitere Wunder schauen.


Was alternde Freunde berichten, betrifft entweder den Körper oder die Kasse. Ähnliche Themen besprechen sich Vertraute der Grauhaar-Fraktion oftmals in Saunen. Junge Menschen kennen davon wenig bis nichts. Das Alter lehrt mehr über Gesundheit, Krankheit und Tod. Krebs breitet sich aus. Wen mit 70 Jahren in vergleichsweisen bescheidenen Verhältnissen die Diagnose Krebs trifft, fällt weitgehend raus aus dem Rattenrennen. Ein zahnärztlicher Kostenvoranschlag über 12.000 Euro steigert in der Situation eben nicht mehr das Bruttosozialprodukt. Anstatt mit einem für vierstellige Beträge renovierten Gebiß ins Gras zu beißen, lässt man seine Altersersparnisse doch lieber und auch besser beim benachbarten Gastwirt. Für solche Summen lassen sich bei Wein, Schnaps, Bier in Geselligkeit schon einige Zeit alle Sorgen vergessen.


Im Sommer schaukelte mich eine launige Flussfahrt im Gummiboot von Staffelstein bis Bamberg. Nach der langen Regenzeit im Dezember stehen die Bäume jetzt im Wasser. Der Strom zeigt sich eher ungemütlich, launisch und schnell.

Wo die Eliten Geld ungehindert drucken, verteilen und sich zuteilen lassen, entwertet die Inflation den Geldwert. Wo sich Menschen hemmungslos vermehren, verliert sich das Leben in Kriegen und Bürgenkriegen. Es ist schon fast ein Gebot christlicher Nächstenlieben, den Diktatoren für ihr Mordsgeschäft geeignetes Kriegsgerät zu liefern. Schließlich ist es im dritten Jahrtausend unzumutbar, dass sich die Menschen gegenseitig noch mit Krummschwert und Säbel meucheln. Das moderne Massen-Gemetzel ist da schon längst weiter, schneller und höher in der Effektivität.




"Gefällt-Mir" drückt ein infantiles Facebook-Bübchen sein Knöpfchen,  "Gefällt-Mir" meint der Manager wie der Hartz-IVer, wenn das Schmieröl der Saudis die Wissengesellschaft des Westens feist fettet. So tauscht technisch-industriller Hoch- und Sachverstand seine Mordswaffen gegen dringend benötigte Rohstoffe.


Die "politische Ideologie" eines Klugscheisser-Bübchen bei Facebook.

Die Gebärfähigkeit und -freude alternder Akademiker der Wissenseliten reicht nicht, ausreichend junge Soldaten für die Schlacht zu liefern. Trotz Herd- oder Wurf-Prämie, selbst mit Mutterkreuz nicht einmal, werden die gut ausgebildeten Eliten nicht im mindestens ausreichend Humankapital produzieren, um sich gegenseitig zu metzeln. Die Wissens- und Industrie-Elite bastelt bessere Drohnen, um chirurgisch genau den Altbösen Feind zu treffen - und niemanden sonst. Gebären auf Sozialamtkasse überlässt die Dame-im-Grünen dann doch lieber dem Prekariat.


Die Sakralbauten von Kloster Banz eignen sich vortrefflich als repräsentative Versammlungsstätte für das politische Führungspersonal im Freistaat. Hier treffen sich CSU-Granden zu regelmäßigen Gesprächen.


"Blind in die Apokalypse" titelt Prof. Harald Welzer in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom 31. 12. auf prominenten Platz im Mantelteil auf der zweiten Seite. Weiter weiß der Wissenschaftler: "Nehmen wir den bizarren Befund, dass auf der ersten internationalen Klimakonferenz 1995 in Berlin ganze 757 Deligierte um ein verbindliches Klimaabkommen stritten, während es 2012 in Doha 17000 (plus 7000 Vertreter von NGOs plus 1500 Journalisten) waren: Da zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass in vierzig Jahren lediglich eine einzige Veränderung im wirschaftlichen Betriebssystem eingetreten ist: Neben die traditionelle Industrie ist eine Besorgnisindustrie getreten, mit Organisationen, Karrieremustern, Wachstumsraten und allem Drum und Dran. Sie funktioniert ganz hervorragend, gerade weil sie die Kreise des Normalbetriebs nicht stört, sondern friedvoll parallel zu ihm läuft."

Friedlich, schiedlich,niedlich, gütlich, immer noch leben wir, immerhin leben wir noch in der Beste aller Welten. Wer sich, wie der Professor Welzer Sinn stiftend müht, kassiert zur Besoldung noch sein Zeilenhonorar bei der SZ, eben auch ein Vertreter der Besorgnisindustrie. Ebenso arbeiten Lobbyisten der Besorgnisindustrie unermüdlich daran, den Sozialetat nicht so zu stutzen, dass sich ein protestierendes Prekariat mit der Polizei zu prügeln beginnt.


"Heilige Jungfrau Maria, Mutter Gottes, steh' mir bei, jetzt und in der Stunde meines Todes...." Ob Gebet oder Meditation, fromm befriedet bleibt der Mensch friedlich, schiedlich, niedlich, gemütlich.

Kunst und Kultur stimmen uns ein auf den Frieden: "Alle Menschen werden Brüder...." Fürwahr, gleich dem "Freude schöner Götterfunken" zeigt sich in bedrohlich drohenden Kriegsszenarien ein Web-Auftritt wie eine Liebesgeschichte, eine Geschichte eben:


Wer in Kunst und Kultur eine Nische für seinen Frieden findet, bombardiert sein Publikum mit Friedensromantik, friedlch, schiedlich, niedlich. Besorgnis-Botschafter bringen es noch auf Spendenbasis zu einem auskömmlichen Einkommen. Die prekäre Basis hingegen prügelt sich um Brot.

Schuld und Sühne: Schuld hat immer die Leiche. Wer gerad noch lebte, sühnt seine sündige Aufsässigkeit mit dem Tod. Göttliche Gerichtsbarkeit gewährt gnadenlose Gerechtigkeit.

Wie potent-präsent ließ das Feuilleton der SZ vom Samstag/Sonntag, den 29. 30. Dezember sich noch vernehmen?

„Es helfen nur noch Katastrophen!

So jedenfalls meinte Jorgen Randers, Wissenschaftler im Club of Rome.
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Als dann gar der Hauptautor der Studie "Grenzen des Wachstums" Dennis Meadows den Eröffnungsvortrag vor prominenten Wissenschaftlern bei der Volkswagenstiftung auf einer internationalen Konferenz halten durfte, passierte nichts. Die Vertreter der Betroffensheits-Industrie hielten weiter wacker ihre Vorträge, kassierten ihre Honorare, trafen sich zum fröhlichen Zusammensein, so friedlich, schiedlich, niedlich, gemütlich.


 Das Mitternachtsfeuerwerk am 01.01.2013 lässt den historischen Lastenkahn an der Regnitz erahnen.

Am 14. Februar wird sich mein Geburtstag zum 65igsten Male wiederholen. So Gott will. Friedlich, schiedlich, niedlich, gemütlich wird mir mein Weiblein ein Glas edlen Rotwein im Sessel kredenzen, sofern es mich nicht an den Rand der Wüste Sahara zieht. Bei amüsierter Vergnüglichkeit lässt sich das nie endende unausweichliche Gemetzel friedlich, schiedlich, niedlich, gemütlich im Fernsehsessel oder im Internet verfolgen. Mein Weiblein wird sich derweil in einem anderen Zimmer bei einem heiteren Programm vergnügen. Sie lässt sich lieber von Reise-, Tier- und Naturfilmen mitreissen. Besonders spannend sind Expeditionen zu den letzten Kreaturen einer aussterbenden Tierart. Doch wenn denn dereinst die fleißigen Bienchen verrecken, werden Ein-Euro-Jobber die Blüten in Handarbeit bestäuben.

Bedauerlich, dass mein belämmertes Bemühen nicht die gedankliche Größe Almosen sammelnder Bedenkens-Gelehrter erreicht. Dafür spüren Menschen wie wir, die Beladenen, Bemühten, Bedrückten in irgendeinem Heiligen Schriftchen mühelos ein trostreiches Sprüchlein auf. Alte und neue Kirchen wissen und weisen den Weg zur "Gottgefälligen Glückseligkeit". 


Ja, gräbt dann noch ein Erleuchtungs-Experte medial meisterlich aus dem Reigen der verstorbenen Herren Hirten jemanden aus, dessen unbeschreiblich-unbestrittenen Autorität eine Weisheit höchster Wucht stemmt, dann beugt selbst ein eingefleischter Egoist im Glauben eigener Größe und Unfehlbarkeit demütig sich nieder zu Füßen des Herrn und Meisters.


Heutezutage muss niemand mehr in zugig kalten Kirchengemäuern knien, nein, der Herr, Meister und Erlöser kommt mit Mausklick auch zu Dir. Spenden auf mein Konto beim Postgiroamt Köln, Nummer 4711.

Hallelujah! Helau!



Dienstag, 25. Dezember 2012

Weihnachtsmarkt-Ende, mein Bildbericht

Freitag wird Uwe begraben. Letztes Jahr hat er noch geholfen, die Weihnachtsmarkthütte aufzubauen. So wie Uwe alle letzten 16 Jahre mitgeholfen hatte, die Hütte aufzubauen. Uwe ist nicht alt geworden, nur 51 Jahre alt.



Uwe, bei unserem letzten Besuch Anfang Oktober, wird am Freitag begraben.

Für mich war der Weihnachtsmarkt am Sonntag kurz vor Mitternacht abgeschlossen. Vier Wochen andauernde Anspannung sind beendet. Obgleich meine Frau nur zu ihrer Mittagspause und für eine weitere Stunde am Nachmittag meine Vertretung in ihrer vier Meter langen und zweieinhalb Meter breiten Hütte angefordert hatte, brachten mich schon diese wenigen Arbeitsstunde an die Grenze des Erträglichen. Zwischen meiner Mittags- und Nachmittags-Schicht in dieser als Unterschichten-Knechtschaft empfundenen Fron verhalf mir ein Mittagsschlaf, mit Kaffee und Weihnachtsgebäck, zu neuen Kräften.


Uwes Vermächtnis: Diese Krippe hat Uwe solide gezimmert und sie wird uns immer an ihn erinnern.

Der Stress, die Spannung war für meine Frau in der erste Marktwoche schon zuviel. Wie die letzten Jahre wieder wehrte sich ihr Körper gegen die Überanstrengung mit einer Grippe. Allein in der Hütte entging mir an einem regnerischen, kalten, zugigen Vormittag ein Hauptgeschäft. Ein amerikanisches Paar ließ sich drei große Lichthäuser vor sich aufstellen. Eine schwierige Arbeit, die empfindlichen Keramik-Gebäude vom höchsten Regal auf die Theke zu balancieren. Der Amerikaner brauchte stabile Verpackungen für diese Ware im Wert von 200 Euro. Mimamai-Stephanie, meine Frau, hätte das alles machen und beschaffen können. Doch sie lag kränkelnd daheim. Den Amerikaner war es zuviel Mühe, sich Pakete bei der nahen Post zu beschaffen, die Ware selbst dort zu verpacken und zu verschicken. So war die Energie für ein stundenlanges Verkaufsgespräch vergebliche Liebesmühe.



 Eine schwierige Arbeit, die empfindlichen Keramik-Gebäude vom höchsten Regal auf die Theke zu balancieren.

Die ersten beiden Wochen fürchteten wir, dass dieser Markt unser letzter sein müsse. Das Ergebnis war am Abend zu oft einfach deprimierend. Die Menschenmenge an schlechtgelaunten Großmüttern und Großvätern, die gelangweilt und missmutig an den Auslagen vorbei zogen, war unerträglich. Kaum einer blieb stehen. Jegliche Kundenansprache vertiefte die miese Stimmung, weil die Antworten absehbar waren im gleichen Geraunze: "Hab'm schon. Steht alles voll bei uns." Und so weiter. Wo blieben die Kinder?



"Wo bleiben die Kinder?" Das fragt man sich, wenn nur missmutige Greise an der Hütte vorüber gehen und raunzen: "Hamma-schon-alles..."

Neben der Vier-Meter-Hütte durfte meine Frau ihre Verkaufsfläche um zweieinhalb Meter erweitern. Ein Neubau der Hütte kam nicht in Frage. Ihr Kleingeschäft wirft solche Summen nicht ab, eine neue Hütte bauen zu lassen. Also kam sie als Klein-Unternehmerin auf die  Idee, Schlitten auf dem Weihnachtsmarkt zu verkaufen. Als Blickfang sollte uwe ein Krippe bauen. Die Krippe hat Uwe so solide gebaut, dass schon zwei, drei Jäger sie nach dem Ende des Marktes kaufen wollten. Wir haben ihnen dann immer die Adresse von Uwe gegeben. Doch Uwe wird keine Krippe mehr bauen. Uwe wird am Freitag begraben. Auch die Vögelhäuser, die Uwe mit Hölzern aus dem Wald hinter seinem Haus gebaut hat, sind alle verkauft. Sein Sohn kann keines der kleinen Kunstwerke mehr im Gedenken an den Vater bekommen. Mein Marktweiblein hat alle Vogelhäuschen schon im ersten Jahr verkauft. Über die Schlitten hat Mima in der Krippe Vogelhäuser aufgehängt. Für die nächsten Märkte haben wir Vogelhäuschen aus Tschechien geholt. Bis auf eines sind auch diese alle wieder verkauft.



Umsätze und Gewinn sinken seit Jahren: Drei Ursachen sind für mich leicht auszumachen.

1. Alte Menschen erinnern sich zwar gern an ihre Jugend, wo sie mit Blechspielzeug spielten, kaufen aber keines mehr.

2. Es gibt immer weniger Kinder. Also kaufen die Alten für ihre Enkel auch weniger.

3. Seit Jahren verteilen die herrschenden Eliten das Geld von unten nach oben, nicht zuletzt um exorbitante Manager- und Bangster-Boni zu finanzieren und deren bankrotten Geschäfte zu retten.



Propaganda oder Tatsachen? Unzählige Berichte beschreiben die Situation. Doch jeder liest immer nur das, was ihm gefällt, wozu man sein "LIKE-IT-KNÖPFCHEN" drückt.

In den letzten beiden Wochen besserte sich der Umsatz - endlich. Wie in theatralischer Comedy-Show, wie ein Marktschreier konnten kaum Besucher an unserer Hütte vorbeigehen, ohne über meine Ansprache zu lächeln: "Licht, Spiel, Duft und Glanz aus unserer Hütte für Ihre Hütte!" Die Marktfrau vom Strumpfstand gegenüber dröhnte dagegen: "Alles billig! Heute alles billiger!"



Die Marktfrau vom Strumpfstand gegenüber dröhnte dagegen: "Alles billig! Heute alles billiger!"

Mein Gefühl wollte nicht weichen, mein Gefühl, dass Marktkaufleute als gesellschaftliche Unterschicht um ihr Geld kämpfen. Doch Marktkaufleuten geht es vergleichsweise gut. Einige Menschen aus Kasachastan säubern die Toiletten. 50 Cent kostet der Klo-Besuch. Marktkauf-Leute erkämpfen sich dort freien Zugang. Nach einer frierend frustrierenden Stunde in der Marktbude ohne einen einzigen Verkauf gibt es kein Mitgefühl mehr für die Toilettenfrau, die 50 Cent von einem frierenden Pisser fordert und mich dazu am Ärmel festhält: "Sie fassen mich nicht an!" zischt es wütend aus mir.



Die Menschen aus Kasachstan, die die Toilettenanlagen warten dürfen, sind immer noch nicht das untere Ende der sozialen Schicht. Busladungen von Bettlern, vermutlich aus Rumänien, knien in Scharen an vielen Punkten der Stadt, um Almosen zu gewinnen.


Anderntags arbeitet dort einer ihrer Kollegen. In radebrechendem Russisch-Deutsch lächelt er mir zu und meint: "Hitler tot!" Wir lachen beide, werden wie Freunde. Mima schenkt ihm ein paar Kleinigkeiten aus ihrer Hütte, selbst geknetete Blütenkerzen.



Diese Musikanten beschallen gerade die Gasse, in der Mima in ihrer Hütte Spieluhren verkaufen will. Doch der Klang dieser zarten Geräte geht unter, wenn die Flöten aus den Anden pfeifen.


Endlich stellt sich etwas besserer Umsatz ein, endlich. Als erstes sind die größeren Vögelhäuser verkauft, selbst als Mima sie noch um drei Euro teurer gemacht hat. Eine feine Dame flötet: "Haben Sie denn nicht mehr das Haus mit den schönen Schindeln? Nein?! Das ist aber schade. Heute ist mein Mann nämlich da, der es zum Auto tragen kann."



Mima führt ein Spielzeug vor. Doch Besucher mit Glühwein oder Bratwurst-Brötchen lassen sich lieber unterhalten als etwas zu kaufen.

Die Autos stehen 40 Meter weiter unter unserer Markthütte in der Tiefgarage. Mir ist mein Marktweiblein, was meistens lacht und scherzt, lieber. Wir werden zu einem Team, was unglaublich gut harmoniert. Wieder einmal sind Schiebelehnen für ihre Schlitten verkauft. Ein Stück kostet 48 Euro. In einer Garage lagert ihr Nachschub. Auf dem alten Damenfahrrad, was wir von meiner mittlerweile 90jährigen Tante geholt haben, karre ich ihren Nachschub heran. Vier zusammengeklappte Schiebelehnen hängen mir über eine Schulter. Der Fußgängerweg erscheint mir sicherer für die fragile Fracht. Ein oberlehrerhafter Gut-Bürger gibt unwillig den Weg mir frei auf dem Bürgersteig, nicht ohne mich anzumaunzen: "Das ist kein Fahrweg." 400 Meter vor dem Markttrubel bleibt das Rad verschlossen stehen. Auf jeder Schulter zwei Lehnen kämpft sich mein erschöpfter, entnervter Körper und Geist an einem der zahlreichen Kruzifixe vorbei zur Markthütte. Mima verkauft fröhlich wie immer und freut sich über den Nachschub. Dass es regnet, wie meistens, ist klar.



Auf jeder Schulter zwei Lehnen kämpft sich mein erschöpfter, entnervter Körper und Geist an einem der zahlreichen Kruzifixe vorbei zur Markthütte.

Schon liegen die Schiebelehnen unter dem Dach von Uwes Krippe, was Mima mit echten Lärchenholzschindeln hat decken lassen. Wie diese kleine Unternehmerin auf diese Ideen kommt, Freunde findet, die ihr helfen, ihr gerne helfen, sie lieben, mit ihr lachen. Mir ist das ein Rätsel. Meine Liebe zu ihr ist ihr Geheimnis, ihr größtes Geheimnis.



Manchmal sind mir die Massen am Markt geradezu unerträglich. Doch die Zeit geht vorüber - wie Menschen an Markthütten.

Manchmal sind mir die Massen am Markt geradezu unerträglich. Die Energie der Menschen klärt manchmal spürbar mein erster Blick. Die Einen wollen sich unterhalten lassen, lachen mit ihrem Glühwein in der Hand. Nach der dritten, vierten Vorführung von einem Kreisel, einem Blechspielzeug chinesischer oder indischer Wertarbeit, reicht es mir: "Nun", bedrängt sie mein Ton bedrohlicher, "nun, für was wollen Sie sich entscheiden?" Das reicht meist, dass sie mit ihren Glühwein-Näpfen lachend und dankend weiter ziehen.
Am Wochenende hilft uns eine fähige junge Verkäuferin, die meiner Mima in Art und Aussehen schon recht ähnlich ist. Beide zusammen wirbeln in der Hütte so erfolgreich, dass ein paar Stunden Freizeit auch meine Wochenenden angenehmer gestalten. Am besten erholt sich mein Körper in der Sauna-Oase im Bambados. Der Weg mit dem Fahrrad dahin ist kalt und etwas mühsam, aber machbar.


Mit unseren "Lastenfahrrädern" bewältigen wir Transporte und Wegstrecken in Bamberg.


Meine Freizeit-Stunden zwischen den Markt-Kauf-Kämpfen gleichen einem geruhsamen Mittelschicht-Rentner-Refugium. Dann entspannt mich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und Gurdjieffs Buch "Beelzebubs Erzählungen an seinen Enkel." Die Zeitung bringt den täglichen Kriegs- und Krimi-Bericht. In der Woche vor Heilig Abend marschierten marschieren vierhundert Einsatzkräfte von Polizei und Steuerfahndung in die DEUTSCHE BANK. Die Polizeibeamten bunkern gleich vier Bangster ein. Der Vorstand beschwert sich bei einem Politiker. Darüber heult die Medienmeute, als wäre der Vorstand einem Hund auf den Schwanz gestolpert. Auf dem Tahir-Platz in Kairo prügeln sich die Massen munter weiter. Die Scharia als Staatsräson macht Sektierern wie der christlichen Minderheit das Leben zur Hölle. Durften zuvor befreundete Diktatoren-Regime ihre Mitbürger foltern, ausplündern und morden, führen nunmehr fromme Muslim-Brüder das blutige Geschäft fort. Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Wo nicht genug zu fressen für alle bleibt, da sterben die Schreie -  für immer. In Syrien soll der Krieg schon 40.000 Opfer gefordert haben. Soweit die Zeitung - kurz gefasst. Mein Marktweiblein braucht die Zeitung - als Packpapier.



Das Wasser der Regnitz fließt gemächlich durch das alte Bamberg, welches auf einen mehr als 400 Jahre alten nahezu unveränderten Altstadt-Straßenplan stolz ist.

Meine Mimamai war meist vor sechs Uhr früh schon munter. Sie hat sich dann selbst ein Mittagsmahl vorbereitet. Während ihrer Mittagspause hat sie dann ihre Schuhe gewechselt, kaum geruht. Dann klopfte sie wieder an die Holztür ihrer Hütte. Als der Umsatz anfangs so schleppend lief, wollte sie nicht wissen, was wieder nicht verkauft war. Sie sah es ja schon an meinem Gesicht.

Der Weihnachtsmarkt bietet Speis' und Trank im Übermaß. Ein chinesisches Klein-Lokal, vormals das "Bratwurst-Stüberl", verkauft Gemüsesuppe für 1,60 Euro. Den Kloschlüssel verwahrt die Chefin. Es ist warm dort. Es ist so warm, dass sich der Körper von Fellmütze, von Daunenjacke, von Strickjacke und Weste entlasten kann. Nach dem Genuß einer Gemüsesuppe hat der Organismus wieder soviel Wärme gespeichert, dass es weiter gehen kann im Verkaufstrubel. Ein Gericht wie Gemüse mit Tofu kostet 4,50 Euro, die große Portion sechs Euro. Während man dieses Gericht in Ruhe verzehrt, kann man schon bald den Mantelteil der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG studieren - zumindest die Leitartikel. Das sind Sternstunden meines Mittelschichten-Gefühls!

Endlich, endlich ist der Markt vorüber. Am ersten Abend bauen wir Uwes Krippe ab. Damit geht die erste Wagenladung mit der Ladung aus dem Anhänger in Mimas Garagenlager. Es hat den ganzen Tag, auch beim Abbau, geregnet. Die beiden Bodenbretter von Uwes Krippe sind schwer wie Klaviere. Am nächsten Abend folgt der Abbau der Hütte. Zuvor verstauen wir alle unverkaufte Ware vorsichtig durch Zeitungspapier geschützt in Bananen-Kartons. Mein Marktweiblein schleppt seit 30 Jahren Bananenkartons mit ihren Waren. Die Hütte aus 10 Seitenteilen, vier Bodenplatten, den neun Dachsparren und der Plastikplane als Dach ist im Anhänger verstaut. Zuletzt müssen wir alles im Garagenlager verstauen. Danach erstmal erschöpfte Bettruhe. Aufräumen muss und macht mein Marktweiblein wie immer ohne mich.



Endlich, endlich ist der Markt vorbei!



Freie Tage, freie Fahrt: Es ist ein ganz neues Lebensgefühl, wieder zusammen freie Zeit zu genießen.


Nach einem gemeinsamen Weihnachtsfest-Essen mit 11 Menschen beim einfachen Chinesen am Markt schmücken wir noch das Grab von Mimas Eltern, ohne die wir nicht zusammen wären.



Doch wenn das alte Laub gegangen, kommt im Frühjahr frisches Grün.



Alt und jung schaut staunend in die Welt voller Seligkeit.



Nun leben wir wieder im Auto, in unserer "Walkuh". Die Ferienwohnung ist geräumt, doch wir bleiben in Bamberg auf dem WoMo-Stellplatz. Dort gibt es seit letztem Jahr Strom. Dafür stieg der Preis von einem auf 12,00 Euro plus Strom. Doch Uwes Abschiedfest wollen wir nicht versäumen.


Der Raum zur Andacht war zu klein für alle, die Uwe die letzte Ehre erweisen wollten. Etwa 70 Menschen drängten sich in dem Raum, die meisten standen - bis in den Flur. Wir sahen Bilder von Uwes jungen Jahren, mit seinen Kindern und Freunden. Mit den Klängen von den DOORS erinnerten wir mit "Riders on the storm" wilde Jugendjahre. Uwe hat sich mit aller Kraft aus-gelebt. Noch wenige Tage vor seinem Tod hat er seinem Sohn geholfen, dessen alten VW-Bus flott zu machen.


Das festliche Zusammenkommen seiner Kinder und Verwandten, seiner zahlreichen Freunde war eines Fürsten würdig. Wir feierten auf der Altenburg, dem höchsten Punkt in Bamberg. Geschichten gemeinsamer Erinnerung tauschten wir aus. Uwe war ein Magnet in der schon engen nachbarschaftlichen Gemeinschaft der Bamberger.


Unser Blick geht zurück auf die nächtliche Altenburg, hoch über Bamberg. Durch die edlen in Bleirahmen verglasten Fenster sahen wir auf das Lichtermeer von Bamberg, den Dom mit seinen vier Türmen. Wie Uwe unvergesslich in unseren Herzen weiter lebt - so auch sein Abschied.